Das Kunstprojekt sozialpalast 2013
Ein Gasometer, ein Fernseher und ein Kessel Buntes
Ein TV - Wochenende im Juni live aus dem Gasometer in Münster
Freitag, 21./ Samstag, 22./ Sonntag, 23.06.. Immer ab 21:30Uhr
Die Polittalk-Sendung GüntherJauch immer Sonntags live aus dem Gasometer in Berlin-Schöneberg war der Aufhänger für das Kunstprojekt sozialpalast 2013. In Anlehnung an die ARD-Sendung wurde der Münsteraner Gasometer als Rahmen für eine TV-Installation genutzt.
"Wir sind hier mitten in Berlin", sagt Jauch und erklärt, warum er das Gasometer in Schöneberg als Studio wählte: "Das hat nichts Geschlecktes. Hier sehen Sie Rost, hier sehen Sie Industrie, und in 200 Metern beginnen die Dönerbuden." Seine Sendung soll eine politische Gesprächsrunde im weitesten Sinn sein. Ziel sei es, dass der Zuschauer "klüger aus der Sendung herausgehe", so Jauch.
Konzeption:
"Wir nehmen diese Jauch-Sendung und auch andere Formate, und überhaupt das ganze Prinzip Fernsehen in seiner heutigen Form, zerlegen es in seine Einzelteile: Das Empfangsgerät, die Kamera, das Studio, das Publikum, Schaupieler, Talkgäste, Film, Inszenierung und Improvisation, Privates, Öffentliches usw., usf. setzen die Bausteine neu zusammen und schmeissen dann alles in einen Kessel Buntes oder auch daneben. Und sind selbst gespannt was das dann gibt!"
Der Versuchsaufbau als Gegenstand künstlerischer Installation
...und als erweiterter Bühnenbegriff:
sozialpalast lässt wie immer eine KunstBühne, ein Setting entstehen, in dem die beiden Theaterleute Steffi Bockermann und Toto Hölter wie in einem privaten Raum agieren.
In diesen privaten Raum, in den alltäglichen Fernsehabend eines bürgerlichen Paares, brechen immer wieder Interventionen von TV-Formaten hinein.
Der Gesamtaufbau funktioniert nach dem Prinzip Fernsehen.
Im wahrsten Sinne des Wortes ist ein Großbildfernseher im Publikumsbereich außerhalb des Gaskessels medialer Mittler der Inhalte aus dem Kessel heraus.
Drinnen ist gleichzeitig der Private Raum der plötzlich selbst zum Fernsehstudio wird. Eine Umkehrung und eine Doppelung von Bühne gleichzeitig: Theater spielt die private Situation, dort hinein intervenieren diverse TV-Formate, wie Kochshow, Podiumsdiskussion, Talkshow, Kabarett, Comedy, aber auch Prominente.
Das Gesamte ist eine TV-Übertragung in den Zuschauerbereich außerhalb des Gasometers, LIVE! Das Private wird öffentlich, wird gesellschaftlich, wird politisch, wird kreativ, wird bunt, und insgesamt doch wieder zu einem Fernsehformat.
Mit einfachen Mitteln werden Sendeformate und Fernsehen an sich konfrontativ auf die Probe gestellt und ausgelotet, indem sie in den privaten Alltag einbrechen und wiederum medial übermittelt werden.
Whistleblower: Dr. Stephan Trescher
Aus halbdistanzierter Position beobachtet Kunsthistoriker Dr. Stephan Trescher (Galerie Münsterland) als Sachverständiger für Kunst das Geschehen im Gasometer. In kurzen Interviews rezipiert er fürs Publikum Aufbau, Kontexte und Verweise des Projekts.
"Ob wir es mit einem Stück Theater (unter Ausschluß der Öffentlichkeit) zu tun haben, ob mit Live-Fernsehen ohne Netz (der Vorab-Aufzeichnung), aber mit doppeltem Boden (der medialen Vervielfachung, der Meta-Ebenen und Querverweise), mit einer Open-Air-Performance im geschlossenen Raum oder oder oder...."
Film, Skulptur, Fernsehen und Totales Theater
Es geht nicht darum TV-Formate zu kopieren oder zu parodieren, sondern es ist der Anspruch mit
künstlerisch-authentischen Mitteln Originalität zu finden. Originalität als Synonym für Einfallsreichtum,
Ideenreichtum, Vorstellungsvermögen, Kreativität, Imagination, Vorstellungskraft, Fantasie.
Begrifflichkeiten, die in einer auf Souveränität gepimpten Medienlandschaft verloren gegangen
sind.
Der gängigen Wahrnehmungsgewohnheit von TV-Zuschauern wird bewusst nicht entsprochen. Der
Gesamtaufbau wird auf einen künstlerischen Mehrwert heruntergebrochen, mit der Frage: Was
passiert, wenn Fernsehen in den (Fernseh)Alltag einbricht, dort aber die Souveränität eines
Fernsehstudios nicht mehr gegeben ist, sowohl vor der Kamera, als auch vor dem Bildschirm? Es
werden unterschiedliche, gängige TV-Formate ausprobiert: Die Talk-Show, die Kochsendung, die
Spielshow, der Tatort... Insgesamt ein Kessel Buntes.
Es ist der Versuch, Sendeformate ernster zu nehmen, als das Original es selber tut.
Nach dem Motto: "Bringe zusammen, was normalerweise nicht zusammen gehört.", wird eine Dynamik erzeugt, die Synergien ermöglicht und zur weiteren Diskussion
anregt. Dazu werden Elemente eingesetzt, die auf unterschiedlichen Ebenen in das Theaterspiel der
beiden Hauptprotagonisten einfließen: Filmische Einspieler als Projektion auf der Innenwand des
Gasometers, Schauspieler mit Rollenvorgaben, gedoubelte Gäste, VertreterInnen lokaler
Arbeitsgruppen, Vereine und Initiativen, ExpertInnen, Fachleute, Laien.
Bei GüntherJauch sollen die Zuschauer klüger aus der Sendung herausgehen.
Beim sozialpalast sollen die Zuschauer Authentizität erfahren und Originalität finden.
"Man kann ja heute gar nicht mehr sagen, wer eigentlich der Originalität mehr im Wege steht, die Fernsehproduzenten oder die Empfänger."
Dazu:
Quote, Quatsch und Qualität , Dossier
Deutschlandfunk vom 07.06.2013, 19:15 Uhr
Wiki-Info:
Gasometer (Münster)
Wikipedia
Gasometer Schöneberg
Wikipedia
Günther Johannes Jauch (* 13. Juli 1956 in Münster (Westfalen))
Wikipedia
Ein Kessel Buntes
sozialpalast 2013 als Film
Jetzt online!
Eine Multimediale-Live-Video-Installationsperformance, eine soziokulturelle Skulptur, ein emotionales rundes Massenspektrum hier nun kanalisiert in einen einzigen Kinofilm von 90 Minuten!
Presse
Vor und auf der Mattscheibe
„Sozialpalast“ im Gasometer, Westfälische Nachrichten, So., 23.06.2013
Termine
Freitag, 21.06.2013
Samstag, 22.06.2013
Sonntag, 23.06.2013
Ab 21:30 Uhr, ca. 120 Min.
Gasometer, Albersloher Weg 170, 48155 Münster
Zutritt frei!
Programm
Freitag, 21.06., 21:45
Michael Sturm, mobim, Münster,
Info
Bernd Drücke, grasswurzelrevolution, Münster,
Info
Peter Römer, Transparent. Football - Culture - Politics, Münster,
Info
Marcus Termeer, Soziologe und freier Autor, Freiburg,
Info
Hay, Antifaschistische Linke Münster, Münster,
Info
Volker Maria Hügel, GGUA, Münster,
Info
Jörg Rostek (Moderation), Mehr Demokratie e.V., Münster,
Info
Dr. phil. Stephan Trescher, Kunsthistoriker/Theater-/Musikwissenschaftler, Münster,
Info
Steffi Bockermann und Toto Hölters, Theaterleute, Münster,
Info
Samstag, 22.06., 21:50
Dr. Ulrike Löw und Elvira Ajvazi, Radiomagazin Bersama, Münster,
Info
Mathias Muer, Hot Club - Musik von Django & Co., Münster,
Info
Gäste:
Sami Jemalowski, Ternodrom, D'dorf
Sophia Demming, Schaupielerin, Münster
Gordana Herold, Sozialpädagogin, Köln
Johann König, Komiker, Köln,
Info
Dr. phil. Stephan Trescher, Kunsthistoriker/Theater-/Musikwissenschaftler, Münster,
Info
Steffi Bockermann und Toto Hölters, Theaterleute, Münster,
Info
Sonntag, 23.06., 21:45
Gregor Mönter, Comedian, Berlin,
Info
Dr. phil. Stephan Trescher, Kunsthistoriker/Theater-/Musikwissenschaftler, Münster,
Info
Steffi Bockermann und Toto Hölters, Theaterleute, Münster,
Info
Expertenmeinung:
Dr. phil. Stephan Trescher
"Wenn der Sozialpalast zum Gaspalast mutiert, weil er im Münsterschen Gasometer gastiert, dann ist für drei Abende eines garantiert:
Der Behälter bleibt zu, alles andere ist offen:
Ob wir es mit einem Stück Theater (unter Ausschluß der Öffentlichkeit) zu tun haben, ob mit Live-Fernsehen ohne Netz (der Vorab-Aufzeichnung), aber mit doppeltem Boden (der medialen Vervielfachung, der Meta-Ebenen und Querverweise), mit einer Open-Air-Performance im geschlossenen Raum oder oder oder....
sicher ist, dass es echt ist und spannend bleibt, auch für alle Akteure und Aktricen, daß es um Eingrenzung und Ausgrenzung geht, sozial und medial - damit diese leere Worthülse "social media" endlich mal mit Bedeutung gefüllt wird.
[Günter? Who the fuck is Günter?]
Christo packt in den Oberhausener Gasometer einen Luftballon - der sozialpalast in den Münsterschen kleinen Bruder die wahre Verbindung aus Kunst und Leben im Fern-Sehen. [Mit Musik]"
Marcus Termeer
Die "Öffentlichkeit" gilt "als Sicherheitsrisiko" (Christian Thomas in der FR vom 12. Juni 2013) bei öffentlichen Macht-Inszenierungen. Dieses „Humanrisiko“ wird daher am besten vor den Bildschirm verwiesen, den „Bildschirm als Versammlungsplatz (Agora!)“ (ebd.).
Was also treibt eigentlich die „Kulturindustrie (Horkheimer/Adorno) aktuell? Die Sache mit dem bloß passiv konsumierenden Publikum hat sich ja längst erledigt. Schon gar in einem Kapitalismus, der Sinnoptionen verkauft, in einer Gesellschaft, die Subjekte als „kreativ-konsumistische Doppel“ (Andreas Reckwitz) produziert und das „unternehmerische Selbst“ (Ulrich Bröckling) ausruft – gern auch „subkulturelle Unternehmer_innen ihrer selbst“ (Rosa Reitsamer).
Ach ja, der Bildschirm.
In Münster plant die Firma Leoland (nicht Legoland) eine "Studentenarena“, einen Rundbau als „Face to Face-Architektur“, als voll digitalisiertes „soziales Netzwerk in 3D“ (WN vom 14. Mai 2013). (Selbst-)Überwachung als das nächste heiße Ding für finanzkräftige Studierende (21 m2 sollen 400Euro warm kosten)? Den anderen bliebe die Wohnungsnot – und vielleicht ja sogar eine Übertragung aus der „Studentenarena“ als Telenovela im Netz.
Genau, der Bildschirm.
Den übernimmt jetzt kurzzeitig der sozialpalast. Entstehen soll eine neue Authentizität. Was soll das sein, das Echte, Unhintergehbare, Unvermittelte, wenn es nichts Unvermitteltes geben kann? Entsteht Authentizität vielleicht für einen Moment gerade durch Verfremdungen, Interventionen, Brüche, also gerade durch das besonders Unauthentische?
Überhaupt: Was ist authentisch in Münster? Der Prinzipalmarkt, die architektonische (Neu-) "Erfindung von Tradition“ (Eric Hobsbawm) nach 1945, hinter der auch das „3. Reich“ verschwinden sollte? Der Lieblingsort aller Münsteraner_innen (sogar vom ZDF verbürgt) – auch derjenigen in den heruntergekommenen Wohnsilos in Kinderhaus oder in den Flüchtlingsheimen? Was sagt man in den „Klostergärten“ dazu, wo die Außenwelt per Videoüberwachung ins abgeschottete Luxus-Innere gelangt?
Wo verlaufen die Brüche in einer Stadt, die sich als großes harmonisches "Wir" inszeniert, sich aber als „Unternehmen“ den gutbetuchten Konsument_innen verpflichtet fühlt?
Vielleicht am Ende durch den Münster-Tatort, der als lokales Ereignis inszeniert und wahrgenommen wird, obwohl die meisten Szenen in Köln gedreht werden? Wie führt man Tourist_innen auf die Spuren von Thiel und Börne, wenn „Wolbeck“ in Wirklichkeit Bergheim-Niederaußem ist? Und wer kühlt die deswegen kochende „münsterländische Volksseele“ (WN vom 26. November 2012)?
Fragen über Fragen. Findet der sozialpalast Antworten?
Münster als Marke, Marcus Termeer, Verlag WESTFÄLISCHES DAMPFBOOT
TRAILER
Ein Gasometer, ein Fernseher und ein Kessel Buntes
Ein TV-Wochenende im Juni live aus dem Gasometer in Münster
Zu den Theaterleuten:
Die beiden Theaterleute Steffi Bockermann und Toto Hölters sind bereits in vier unterschiedlichen
sozialpalast-Projekten aufgetreten.
Immer stellten sie eine häusliche, private und intime Paarsituation
dar. Auch an diesem Abend ist das Bühnensetting ein häusliches. Im weiten Rund des Gasometers sitzen die beiden wie in ihren vertrauten
vier Wänden. Das Publikum sieht von Aussen auf einem Fernseher wie die beiden drinnen fernsehen.
Bockermann und Hölters im sozialpalast:
sozialpalast-mobil 2008
sozialpalast 2009
sozialpalast 2011
sozialpalast OFF
Was ist der politische Diskurs?
Im Kontext medialer Öffentlichkeit
"Wir müssen über die TV-Einschaltquote reden. Wie funktioniert sie überhaupt? Ist sie representativ und für wen? Was hat sie für Auswirkungen auf das Gemeinwohl und auf die Kultur? Bestimmt sie nicht sogar den Aktienmarkt?!"